Die Ermittlung - Oratorium in 11 Gesängen

Umschlagentwurf Werner Rebhuhn unter Verwendung von Szenenfotos einer Aufführung des Piccolo Teatro in Mailand (Fotos Luigi Ciminaghi)

1 Gesang von der Rampe 9 2 Gesang vom Lager 29 3 Gesang von der Schaukel 51 4 Gesang von der Möglichkeit des Überlebens 67 5 Gesang vom Ende der Lili Tofler 85 6 Gesang vom Unterscharführer Stark 97 7 Gesang von der Schwarzen Wand 117 8 Gesang vom Phenol 127 9 Gesang vom Bunkerblock 147 10 Gesang vom Zyklon B 156 11 Gesang von den Feueröfen 167

Zu diesem Buch : Das Material zu «Die Ermittlung» hat Peter Weiss dem Auschwitz-Prozeß entnommen, der von Dezember 1963 bis zum August 1965 in Frankfurt stattfand. Der Autor hat den umfangreichen Stoff zu Komplexen geordnet, konzentriert und sprachlich strikter gefaßt. Er zeigt jedoch nur Fakten und hat sich jeder Zutat aus eigener Erfindung enthalten. Er unternimmt auch nicht den Versuch, die Atmosphäre des Gerichtshofs mit seiner Vielfalt von psychologischen Konflikten wiederzugeben: Das Gericht wird benutzt als Hintergrund der Vorgänge im Lager. Das traditionelle literarische Verfahren der strengen Formalisierung bei der Darstellung des Entsetzlichen wiederholt sich bei Weiss und läßt so anstatt einer Kompilation von Gerichtsprotokollen ein eigenwertiges Drama entstehen.

Bereits an den Überschriften der 11 Gesänge läßt sich der Aufbau des «Oratoriums» ablesen. Der Text führt von der Peripherie (1 Gesang von der Rampe) ins Zentrum von Auschwitz (11 Gesang von den Feueröfen). Neun Zeugen repräsentieren die mehr als dreihundert Zeugen, die vor Gericht aussagten. Im Stück sind sie namenlos, wie sie auch im Lager ihre Namen verloren hatten. Doppelt so groß ist die Anzahl der Angeklagten. «Sie tragen Namen, die aus dem wirklichen Prozeß übernommen worden sind. Daß sie ihre eigenen Namen haben, ist bedeutungsvoll, da sie ja auch während der Zeit, die zur Verhandlung steht, ihre Namen trugen ... Doch sollen im Drama die Träger dieser Namen nicht noch einmal angeklagt werden. Sie leihen dem Schreiber des Dramas nur ihren Namen, die hier als Symbole stehen» (Peter Weiss). - Martin Walser hat darauf aufmerksam gemacht, daß bei der «Strafsache gegen Mulka und andere» auch «unser Auschwitz» Gegenstand des Verfahrens war: Ermittlung über eine Gesellschaft, die Auschwitz zugelassen hat.

Peter Weiss wurde am 8. November 1916 in Nowawes bei Berlin geboren. Seine Jugend verbrachte er in Bremen und Berlin. 1934 emigrierte er über England nach Prag, wo er an der Kunstakademie studierte. 1936 bis 1938 Aufenthalt in der Tschechoslowakei, die Flucht vor dem nationalsozialistischen Überfall führte ihn über die Schweiz nach Schweden. Dort ist er seit 1939 ansässig, 1945 erhielt er die schwedische Staatsbürgerschaft. - Collagen zu den Märchen aus 1001 Nacht machten Peter Weiss als Graphiker bekannt, Experimental- und Dokumentarfilme, für die er als Regisseur verantwortlich war, wurden auf internationalen Festivals ausgezeichnet.